Irgendwie ist das ganze Leben als Mama doch von Phasen bestimmt. Phasen, die die Entwicklung und Stimmungen des Kindes bestimmen, aber auch Phasen, die das Leben und die Gefühle der Mama beeinflussen. Schon bevor meine Tochter geboren wurde war mir klar, dass sie mit 12 Monaten in die Kita gehen wird, denn mir war es wichtig, schnell wieder mehr Zeit und Flexibilität für meine Arbeit zu haben. Nachdem sie geboren wurde, rückte dieser Plan allerdings genauso schnell wieder ganz weit weg in den Hintergrund.
Mit dem Tag der Geburt drehte sich plötzlich alles nur noch um das Baby – das Stillen, das Schlafen, das Essen, die Wahl der Windeln, ihre Gesundheit und einfach alles war so viel wichtiger als ich selbst. Einige Dinge schränkten wir kaum ein wie z.B. die Restaurantbesuche, Reisen oder auch die Pendelei zwischen Berlin und Wien, aber wenn es um mich ging, schränkte ich unbewusst und ganz selbstverständlich alles ein – keine Besuche beim Friseur, keine gemütlichen Schaufensterbummel, keine abendlichen Treffen mit Freundinnen (natürlich auch dadurch geschuldet, dass ich unter der Woche alleine mit der Kleinen bin), keine Maniküre, keine Beautybehandlungen, keine Zeit für Arztbesuche, unregelmäßiges Essen, kein Sport, keine Bücher und all das, was einem eigentlich doch sonst so wichtig war, wurde plötzlich völlig untergeordnet. Um einen Kitaplatz kümmerte ich mich auch nur periphär, denn wir waren lange nicht sicher, ob wir unsere Tochter in Wien oder in Berlin in die Kita geben wollten. Nachdem wir dann endlich unsere Entscheidung für Berlin getroffen hatten, waren die Kitaplätze natürlich alle schon vergeben.
Und ehrlich gesagt, ich war darüber ziemlich erleichtert.
Mein Baby konnte mit 12 Monaten noch nicht laufen und hat auch noch kein Wort gesprochen. In meiner Wahrnehmung hatte sie also gar keine Möglichkeit, ihre Gefühle auszudrücken. Sie hätte nicht weglaufen oder sich einfach umdrehen können, wenn sie jemanden nicht mag oder ihr etwas zu viel wird. Sie hätte nicht kommunizieren können, wenn sie das Essen nicht mag oder es ihr nicht gut geht. Und zu guter letzt ist unsere Tochter ein so gutmütiges Mädchen, dass sie niemals zurückhauen würde, wenn ihr ein anderes Kind mit der Schaufel eins überbrät. Ich hatte mein Baby also weiterhin in meinen Händen, konnte es beschützen und ihr all das mitgeben, was mir wichtig ist. Dass ich in diesem Leben eigentlich gar keine Rolle mehr spielte, hatte ich schon fast verdrängt. Es störte mich auch gar nicht, denn schliesslich liebe ich meine Tochter ja und ich liebe es auch, Zeit mit ihr zu verbringen! Das einzige, das mir ab und an Unbehagen bereitete, war dieser Stein in meinem Magen, der mal schwerer und mal leichter war. Aber da war er immer. Und besonders dann, wenn der Turm an Aufgaben, die zu erledigen waren, immer größer wurde.
Als logische Konsequenz daraus habe ich beschlossen, mir Freiräume zu schaffen und feste Betreuungstage mit unserer (absolut grandiosen) Babysitterin vereinbart. Ganz nach dem Motto entspannte Mama, entspanntes Kind. Aber wisst ihr was… diese neu gewonnene Zeit habe ich nicht für mich genutzt. Die habe ich genutzt, um den Turm an Aufgaben überschaubar zu halten und zu arbeiten. Sobald die Kleine weg war, habe ich mich an den Schreibtisch gesetzt und wenn sie abends wieder kam war ich immer ganz überrascht, dass der Tag schon wieder vorbei ist. Ich habe mir nicht mal die Zeit genommen, um in Ruhe einen Kaffee zu trinken oder entspannt etwas zu essen – wenn ich überhaupt gegessen habe. Meinen Mann habe ich am Telefon abgewürgt, weil ich keine Zeit verschwenden wollte und der Stein im Magen wurde nicht leichter, sondern eher schwerer – denn jetzt kam auch noch das schlechte Gewissen hinzu.
Und dann kam der Anruf von der Kita.
Ich hatte schon gar nicht mehr damit gerechnet. Alle in Frage kommenden Kitas waren voll und überhaupt, nur mit ganz viel Glück würde ich vielleicht in der nächsten Runde berücksichtigt werden. Aber ein Kind ist ausgefallen und uns wurde ein Nachrückplatz angeboten. Nur ich war gar nicht sicher, ob ich diesen Platz überhaupt noch haben wollte, denn ich war unsicher, ob mein Baby schon bereit für die Kita ist. Nach einigen Überlegungen und Gesprächen mit Freundinnen habe ich aber doch noch einmal einen Termin mit der Kita vereinbart und das, was ich gesehen habe, hat mir sehr gut gefallen. Kurzum, aus 2 Gründen habe ich mich dazu entschieden, diesen Platz anzunehmen. 1. Auf die kleine Gruppe von 10 Kindern kommen 3 Betreuerinnen und noch viel wichtiger 2. Meine Tochter hat genau in diesem Zeitraum angefangen zu laufen.
Seit knapp 6 Wochen ist Little G jetzt in der Kita und seitdem hat sich einiges verändert. Die Eingewöhnung lief zum Glück supergut (gerne berichte ich darüber noch mal zu einem anderen Zeitpunkt), sie fühlt sich pudelwohl, mag die anderen Kinder und ihre Betreuerinnen. Sie verbringt dort jeden Tag glückliche 5 Stunden und sowohl beim Hinbringen wie auch beim Abholen ist die Freude jedes Mal groß. 2x die Woche holt sie außerdem ihre geliebte Babysitterin ab und verbringt den Nachmittag mit ihr gemeinsam und ich? Ich habe plötzlich Zeit. Aber erst seit etwas über 1 Woche habe ich so langsam das Gefühl, die Dinge wieder unter Kontrolle zu bekommen, denn 17 Monate Anspannung lassen sich nicht einfach so zur Seite schieben. Ich erlaube mir jetzt auch mal bewusst, mich mit einer Tasse Kaffee auf mein Sofa zu setzen und in einer Zeitschrift zu blättern. Ich wirke nicht mehr total gehetzt, wenn der DHL Mann klingelt, weil ich das Gefühl habe, er stiehlt mir wertvolle Sekunden meines Tages. Ich versuche, mir bewusst MeTime zu erlauben, entspannt am Tisch sitzend zu essen und in Ruhe zu duschen. Was für viele sehr banal klingt, ist für mich gerade eine Aufgabe. Der Stein im Magen ist immer noch da, aber ich hoffe, dass er sich ganz bald in Luft auflösen wird.
Wann der richtige Zeitpunkt dafür ist, sein Kind in die Kita zu geben, das muss jeder individuell für sich entscheiden. Leider haben ja nicht alle Familien die freie Wahl und müssen aufgrund äußerer Einflüsse vielleicht auch gegen ihr Gefühl handeln. Aber aus meiner Erfahrung heraus kann ich sagen, dass die Kita nicht nur Little G., sondern auch mir sehr gut tut und der Zeitpunkt für uns jetzt genau richtig war!
Wow Janine, du sprichst mir aus der Seele! Ich selbst bin noch nicht bereit gewesen für Kita mit einem Jahr, mittlerweile hoffe ich sehr, dass wir im September einen bekommen, denn mir geht langsam die Puste aus. Daheim auf dem
Sofa mit einer Zeitschrift gibt es schon lange nicht mehr, denn wer selbständig ist, hat halt eine etwas andere Elternzeit! Schöne Entspannung wünsche ich dir!
Liebe Janine,
ich kann Deine Gedanken nachvollziehen, wir spielen auch mit dem Gedanken unsere Kleine in die Kita zu geben, aber ich kann das momentan irgendwie noch nicht mit mir vereinbaren. Obwohl, wie bei dir, auch einiges anderes auf der Strecke bleibt. Aber ich finde es schön, dass du langsam wieder zu dir findest und einen Rhythmus in die Woche bekommst. 🙂
Liebe Grüße,
Tanja