Eltern werden. Paar bleiben.

Eltern werden ist nicht schwer, Eltern sein dagegen sehr. Und dabei auch noch ein Paar zu bleiben noch viel mehr - dieser Teil fehlt aber in diesem altbekannten Spruch und ich kann mir auch schon vorstellen, warum.

Plötzlich Familie! Und das ganze Leben verändert sich.

Bevor man Eltern wird, ist man ein Paar. Meistens zumindest. Wir waren eines dieser Paare, bei denen jeder immer noch sehr selbstständig agiert und voll in seinem Beruf aufgeht. Wir gehörten definitiv nicht zu den Paaren, die immer alles gemeinsam machen müssen oder im schlimmsten Fall auch noch im Partnerlook auftreten. Man könnte sagen, wir waren eines dieser “Double Income, No Kids” Paare, die das auch voll ausgelebt und am Sonntagabend ihre Termine für die kommende Woche abgeglichen haben – Essen gehen, aufregende Events, lazy Wochenenden, arbeiten bis spät in die Nacht, spontane Kurztrips, Barhopping und Shopping Exzesse gehörten an die Tagesordnung. Kurzum, die Zeit, die wir gemeinsam hatten, haben wir auch in vollen Zügen gemeinsam genossen.

 

Nachdem wir die erste Phase des Paarseins – wie wir finden – grandios gemeistert hatten, stand einer Legalisierung unserer Beziehung nichts mehr im Wege. Mit großer Freude und ganz viel Spaß haben wir unsere Hochzeit gefeiert und auch unser Leben als verheiratetes Paar in vollen Zügen genossen. Wir haben einfach genauso weitergemacht wie vorher. Bis zu dem Zeitpunkt, zu dem wir beschlossen haben, dass wir gerne Kinder hätten. Natürlich war uns bewusst, dass ein Kind unser Leben verändern wird – das haben ja auch all unsere Freunde mit Kindern immer wieder (zum Glück mit einem Lächeln im Gesicht) betont. Aber was das tatsächlich bedeutet, das wird einem erst klar, wenn der kleine Zwerg dann endlich da ist.

Schon mit der Schwangerschaft treten die ersten großen Veränderungen ein. Abgesehen davon, dass man als werdende Mutter plötzlich auf seine Ernährung achten muss, keinen Alkohol mehr trinken darf und Müdigkeit auf der Tagesordnung steht, fängt das Gedankenkarussell an, sich zu drehen und man wird plötzlich sehr emotional: Wie wird das Leben mit Kind sein? Ist unser Haus überhaupt kindergerecht? Wird sich die Partnerschaft verändern? Was, wenn das Kind nicht gesund ist oder die Geburt Komplikationen mit sich bringt? Überhaupt… die Geburt! Wie wird das wohl werden?

Eltern werden ist nicht schwer – Eltern sein dagegen sehr.

Mein Mann hat sich all diese Fragen nicht gestellt. Für ihn war von Anfang an klar, die Geburt wird super verlaufen und wenn der Zwerg erst einmal da ist, wird sich der Rest von alleine ergeben. Was soll ich sagen, da ist was dran. Aber wie soll man derart hormongeschwängert schon rational denken und agieren? Wenn man sich doch plötzlich um Dinge Sorgen macht, von denen man früher nicht einmal wusste, dass es sie gibt?

Und dann war er da! Der Tag an dem unsere Tochter in unsere Welt kam und wir eine Familie wurden – im wahrsten Sinne des Wortes über Nacht. Ab sofort hatten wir nicht mehr nur die Verantwortung für uns, sondern auch noch für einen weiteren Menschen. Einen kleinen Menschen, der bedingungslos vertraut und liebt. Und nichts und niemand kann einen darauf vorbereiten.

 

Plötzlich Familie!

Wäre es nach mir gegangen, dann hätten wir mit der Geburt unserer Tochter ziemlich viel verändert. Also quasi alles. Wir wären nicht mehr essen gegangen, um die anderen Gäste im Restaurant nicht zu stören. Wir wären nicht mehr verreist, damit die Kleine in ihrer gewohnten Umgebung sein kann. Zur Party von Freunden gehen – auf gar keinen Fall, da ist die Musik viel zu laut und sie kann nicht schlafen. Ich wäre niemals mehr mit öffentlichen Verkehrsmitteln gefahren, damit die Kleine sich nicht irgendwelche Viren oder Bakterien einfängt. Und kein Babysitter der Welt hätte jemals meinen Ansprüchen gerecht werden können – wo ja noch nicht mal mein Mann die notwendigen Anforderungen perfekt erfüllen konnte. Aber was bedeutete das für uns als Paar? Insbesondere, da wir seit der Schwangerschaft auch noch in 2 unterschiedlichen Städten leben und damit die gemeinsame Zeit nicht nur sehr knapp, sondern auch äußerst wertvoll wurde.

Wo bitte schön war denn mein spontanes und flexibles ICH geblieben? Und wie sollte ich so die Beziehung zu meinem Mann aufrecht erhalten?

Viele von euch fragen ja immer wieder, wie wir das alles hinkriegen – pendeln zwischen Wien und Berlin, ständig im Flieger sitzen, spontane Kurzurlaube, das häufige Essengehen. Ich sag’ es mal so. Wir haben ein unkompliziertes Kind, das all das mitmacht und sogar Freude daran hat und zum Glück habe ich den richtigen Mann an meiner Seite! Einen Mann, der mir immer wieder sagt und zeigt wie wichtig ihm unsere Beziehung als Paar ist – auch jetzt oder gerade weil wir nun ein gemeinsames Kind haben, das wir über alles lieben. Mein Mann erinnert mich immer wieder daran, dass unser Kind nur dann glücklich sein kann, wenn wir es auch sind. Wenn es spürt, dass Mama und Papa ausgeglichen sind. Und deshalb habe ich es geschafft, meine übertriebenen Ängste und Sorgen über Bord zu werfen. Wir gehen nach wie vor regelmäßig essen, denn das tun wir einfach gerne. Wir verreisen, weil wir unserer Tochter gerne all die Dinge zeigen möchten, die wir gerne haben und weil das die beste Möglichkeit ist, reichlich wertvolle Zeit zu Dritt zu verbringen. Und inzwischen genießen wir auch die Zeit, die wir uns dank Babysitter freischaufeln können. Kurzum, natürlich haben wir Dinge verändert, anders geht es auch gar nicht, aber eben nicht komplett und ich bin davon überzeugt, wenn es uns gut geht, dann geht es unserer Tochter auch gut.

Als ich daran mal kurz gezweifelt hatte, habe ich mir die Zeit genommen, ein Buch zu lesen, das mich in unserem Denken und Handeln noch einmal bestätigt hat und ich schwöre, ich habe nicht aktiv danach gesucht! In diesem Buch werden drei verschiedene Elterntypen beschrieben und erklärt. Darin wird auch noch einmal betont, dass es den einen perfekten Weg, ein Kind zu erziehen, nicht gibt. Ganz im Gegenteil, es bestärkt junge Familien darin, sich nicht von den klassischen Konventionen verunsichern zu lassen, sondern vielmehr ihren eigenen Weg zu finden. Denn genauso wie jedes Kind unterschiedlich ist, sind es auch seine Eltern und ihre Bedürfnisse.

Little G. hat unser Leben verändert – definitiv! Wir sind jetzt eine Familie. Wir tragen mehr Verantwortung füreinander und haben unsere Prioritäten neu überdacht. Wir sehen viele Dinge jetzt mit anderen Augen und gehen offener durch die Welt. Ich bin glücklicher und zufriedener als ich es jemals war. Aber wir sind nicht nur Eltern! Wir sind auch immer noch das Paar, das wir immer waren. Und wir werden uns immer gegenseitig daran erinnern, das auch zu bleiben. Für uns und für unsere Tochter!

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