In der Regel ist die Brut aus dem Gröbsten raus, wenn sie die heimischen vier Wände verlässt. Wenn es gut gelaufen ist, schreiben sie sich irgendwo an der Uni ein und packen ihre sieben Sachen um ihre ersten eigenen Schritte in der großen weiten Welt zu gehen. Auf dem Drahtseil, mit Netz und doppeltem Boden. Sie sind immer knapp bei Kasse und lassen es, meist nicht nur an den Wochenenden, ordentlich krachen, in der Hoffnung der Eltern, es nie zu übertreiben. So sitzen die meisten jungen Eltern heute mit ihren Kleinen gemeinsam Zuhause und malen sich die Zukunft aus. Bunt, schön, mit vielen gemeinsamen Jahren, Erfahrungen und einem Haufen Erziehungsarbeit. Doch was ist, wenn man diese Zeit nicht mehr gemeinsam wahrnimmt? Sich die Wege trennen und urplötzlich ein kleines Kind, nicht älter als 5 Jahre, an einer Gabelung steht, immer im Loyalitätskonflikt, es seinen Eltern recht machen zu müssen.
Denn so ist es in der Realität und mit etwas Abstand betrachtet. Eine unfassbar schwere Aufgabe für die Kinder, wenn sich Eltern trennen.
Mein großer Sohn ist 12 Jahre alt und lebt bei seinem Papa. Viele zucken zusammen wenn ich ihnen erzähle, dass ich drei Kinder habe, jedoch nur zwei immer bei mir leben. „Wie kannst du das nur aushalten?“ oder „Wie schrecklich, was ist denn vorgefallen, dass dir dein Kind weggenommen wurde?“ um nur zwei Beispiele zu nennen. Es ist nichts vorgefallen. Es war eine Entscheidung. Eine Entscheidung mit viel Bedacht und die wahrlich eine Zeit in mir wachsen musste. Ein ewiger Prozess, der mich auch heute immer wieder in seinen Bann zieht. War es eine gute Entscheidung? JA, es war genau die richtige Entscheidung für meinen Sohn.
Sicherlich entscheiden immer die Eltern, wenn es um das Wohl der Kinder geht. Dieses wird zu einer Mammutaufgabe wenn man nicht mehr in die selbe Richtung schaut. Wenn der Blick, zum Wohle des Kindes zu Handeln, vernebelt wird, durch einen fiesen Beigeschmack, den eine Trennung mit sich bringt. Streit ist immer vorprogrammiert und ich bin froh, dass wir als Paar getrennte Wege gegangen sind, jedoch die Interessen unseres Sohnes nie aus den Augen verloren haben.
Ich habe schon vor einigen Wochen darüber geschrieben, wie es war, als ich zum ersten Mal von meinem Sohn getrennt wurde. Wenige Minuten nach seiner zu frühen Geburt lag ich allein im Kreisall. Blieb zurück mit dem Schmerz und der Erschöpfung der Geburt. Denn unser Sohn kam zu früh, in Steißlage, auf natürlichem Weg auf die Welt. Er hatte Anpassungsstörungen nach der schweren Geburt und wurde direkt auf die Neointensiv gebracht. Sein Vater ging mit ihm und ich blieb zurück. Die Geburtsverletzungen wurden behandelt und ich musste warten. Warten, eine gefühlte Ewigkeit dauerte es, bis mich meine Beine nach der PDA wieder getragen haben. „Sie können ja gleich zu ihrem Sohn, jedoch müssen sie allein den Weg zur Intensivstation gehen können“ sagte man mir. Es dauerte knapp 1,5 Stunden. Als ich das Zimmer oben betrat, lag mein Sohn schlafend, überwacht durch piepende Monitore, auf der Brust seines Vaters. Bäms – geprägt für den Rest seines Lebens, da war ich mir sicher. Das unsichtbare Band…
Den kompletten Geburtsbericht findet ihr hier.
Mein Sohn, geprägt in den ersten Minuten seines Lebens, wie es auch bei den Enten ist. Auf den Duft und die Stimme seines Vaters. Das Band zwischen den beiden ist ein ganz besonders und so ist es nur gut, wenn auch für mich nicht immer leicht, dass mein Sohn seinen Alltag dort verlebt. Er ist glücklich und zufrieden und so soll es sein. Denn es ist unser gemeinsames Kind, nicht nur das meine. Wir verleben durch diese Entscheidung eine ganz besondere gemeinsame Zeit. Fernab von unaufgeräumten Kinderzimmern, Ärger in der Schule oder anderen alltäglichen Problem. Ich bin die Wochenendemami. Die, mit der er verrückte Sachen machen kann und natürlich auch die ernsten Dinge des Lebens bespricht. Wir nutzen unsere wenige Zeit für besonders schöne Mama-Kind-Momente. Unser gemeinsames Sushi-Date am Freitag alle 14 Tage gehört zum festen Wochenendplan. Er weiß, dass er hier immer einen Platz bei uns hat, dass auch die räumliche Trennung unsere Liebe nicht belastet. Denn wie oben schon beschrieben, eine Scheidung ist für die Kinder schon Belastung genug. Und so hoffe ich, ihm jeden Tag ein gutes Gefühl zu geben, dass es ok ist, nicht hier bei mir zu wohnen. Denn das ist es, es ist für uns völlig normal.
Oh liebe Lori,
Wie schön, dass das Kindeswohls bei eurer Entscheidung das entscheidende war. Es war bestimmt nicht einfach sich so zu entscheiden, um so bewundernswerter, dass du für 5 Tage auf ihn verzichtest!
Sei lieb gedrückt
Katja
Liebe Lori,
es ist wirklich bewundernswert, dass Du geschafft hast, das Wohl Eures Kindes über Dein eigenes (vielleicht Klischee-behaftetes) Glück zu stellen! Und dass Ihr als ehemaliges Paar es schafft, eben genau zu erkennen, was wichtig und richtig ist, ist es toll! Umso wertvoller ist Eure gemeinsame Zeit – und sicher werdet Ihr, gerade weil Du ihn einer Situation nicht entrissen hast und dennoch immer für ihn da bist, eine unglaublich tolle Bindung haben.
Hut ab, Du bist eine tolle Mutter!
Fühl’ Dich gedrückt,
Sarah
Liebe Katja, es war wirklich keine einfache Entscheidung. Wir sehen uns nur noch alle 14 Tage für das Wochenende. Manchmal, wenn es seine Zeit zulässt, treffen wir uns zum Mittag in der Stadt oder er kommt mit dem Rad vorbei. Es ist schon wirklich wenig… aber er ist so so glücklich. und wenn er es ist, dann bin ich es auch.
Ganz liebe Grüße
Lori
Danke liebe Sarah, deine und auch Katjas Worte tun so gut. Ich hoffe mein Sohn wird sein Glück im Herzen behalten. Urvertrauen, auch wenn Mama und Papa nicht gemeinsam für ihn sorgen. Das ist mir das wichtigste. Und sein Papa macht es gut.
Ganz liebe Grüße aus Hannover
Lori