Wie sehr ich mich doch auf die kleine Frieda gefreut habe, dem Termin für den unumgänglichen Kaiserschnitt entgegenfieberte. Dankbar und glücklich hielt ich das kleine und gesunde Mädchen am 23.10.2015 das erste Mal in meinen Armen.
Noch während man mich im OP wieder “zunähte”, steckte mir die Hebamme das rundum rosige und perfekte kleine Mädchen in mein Stretchband, welches ich vor der OP überziehen musste. Ich konnte es nicht lassen und habe es zur Entlassung mit in den Koffer gesteckt. So lag sie schon wenige Minuten nach der Geburt im OP-Saal ganz nah bei mir, auf meiner Brust. Ich hörte sie atmen, bewunderte sie und die vielen dunklen Haare. Ich war in einem Rausch, der mich vergessen lies, wo ich zur Sekunde war. In einem kalten, sterilen OP-Saal. Aber beginnen wir von vorn…
Die Nacht vom 22.10. auf den 23.10. verbrachten wir schon im KH. Der Eingriff sollte früh am Morgen der erste sein. Angesetzt für 8 Uhr, verließen wir mit allen Unterlagen, einer geschmuggelten Kamera und einem Handy unter der Matratze um 7.20 Uhr das Zimmer. Sie schoben mich auf dem Bett, gekleidet im OP-Hemd und einem Stretchband über dem Busen in Richtung Schleuse. Dort musste mich mein Mann verlassen. “Gehen sie noch frühstücken und wir holen sie um 8 Uhr mit in den OP-Saal. Ziehen sie sich vorher bitte diese Sachen an.” Man überreichte ihm seine OP-Kluft und bat ihn, sich zeitig umzuziehen.
Während sich mein Mann einen Kaffee gönnte um anschließend aufgeregt in seine Dr. House-Verkleidung zu schlüpfen, wurde ich “geschleust”. Ich hob mich und meine Murmel auf den Tisch, von dort kletterte ich auf den OP-Tisch. Jetzt waren es nur noch wenige Meter und Minuten, bis ich die kleine Frieda sehen würde.
Man fuhr mich in den Saal. Genau so hatte ich ihn mir vorgestellt. Fast ein bisschen wie bei Grey´s Anatomy. Sie legten mir links einen Zugang. Der Anästhesist war ein Knaller. Er erklärte mir alles, “Hier der Zugang für die Medikamente und rechts den Zugang für ihre Blutkonserven. Die liegen übrigens dort auf dem Tisch, sind gestern Abend extra für sie gebracht worden, aber ich hoffe doch sehr, dass wir die gar nicht brauchen. Wenn aber doch, dann bekommen sie die hier durch den rechten Arm.” Er zeigte auf einen OP-Tisch in der rechten Ecke.
Und dann warteten wir, erst auf die Hebamme und später auf den zweiten Arzt. Erst wenn alle da sind, wird mit der Spinal-Anästhesie begonnen. Wir hatten bereits 15 min Verspätung als die junge Anästhesistin ihr Glück an meinem Rücken versucht. Wie schwer es ist einen Katzenbuckel zu machen, wenn man mehr als 105cm Bauchumfang hat, brauche ich euch ja nicht zu sagen. Ich gab mein bestes, die junge Frau auch. Sie betäubte die Stelle und wollte dann mit der Spinal beginnen. Als sie vorsichtig los spritze, durchzuckte es meinen Körper. Er schlug richtig aus. Sie hatte einen Nerv getroffen. Der erste Versuch scheiterte. Sie probierte es weitere 3 Mal. Immer erst die örtliche Betäubung und dann die Spinal. Es klappte nicht.
Ich begann zu weinen, ich wollte doch wach sein, miterleben wie die kleine Frieda geboren wird. Alle Leute im Raum kamen zum Tisch, hielten meine Hände, die Hebamme das CTG und der Chef Anästhesist nahm es selber in die Hand. “So ein schöner Rücken, dass sollte doch gelacht sein”, sagte er aufmunternd. Auch er betäubte lokal und stach dann für die richtige Betäubung ein zweites Mal. Was soll ich sagen, auch er traf einen Nerv. Ich sah sie schon schwinden. Die Hoffnung… Aber er wollte es noch ein weiteres Mal versuchen. Und dieses eine letzte Mal klappte. Meine Beine wurden taub und schon bald auch mein Hintern. Man legte mich hin und erlöste meinen Mann, er warte bereits knapp 30 min vor dem OP-Bereich und erlebte seine ganz eigene geburtsvorbereitende Geschichte. Dazu aber an anderer Stelle mehr.
Sie bauten den Sichtschutz auf, desinfizierten meinen Körper und mein Mann schaute mich an. Es war alles wie in einer Schneekugel. Als mir für einen Moment komisch wurde, bekam ich ein Mittel über den Zugang, das mich und meinen Puls wieder auf Spur brachte. Es ruckelte am Tisch, mein ganzer Körper, angeschnallt wie er war, bewegte sich und man hätte meinen können, es ginge erst los und dann war er da, der Moment als Frieda das Licht der Welt erblickte.
“8.45 Uhr – Willkommen kleine Frieda”, sagte man hinter dem Sichtschutz und ein Schrei füllte den sonst so kalten Raum mit Leben. Ein so wunderbarer Moment.
Mein stolzer Mann und frisch gebackener Papa verlies kurz mit der Hebamme und Frieda den Raum. Sie säuberten sie, zogen ihr eine Windel und einen Body an und brachten sie, nach nur wenigen Minuten, wieder zu mir. Der kleine Mensch wurde in des Stretchband gesteckt und ich vergaß Raum und Zeit.
Ich habe Frieda, bis wir wieder in unserem Familienzimmer ankamen, nicht mehr hergegeben. Selbst in der Schleuse, wo es eigentlich aus versicherungstechnischen Gründen nicht erlaubt ist, lies man Frieda in dem Band. Der coole Anästhesist fragte: “Ich sehe es ist ihr drittes Kind, sie sind Profi und werden es doch nicht fallen lassen, oder?” Ich schüttelte den Kopf und freute mich. Man hob mich, samt dem Friedakind auf den Tisch und dieser schob mich, wie ein Fließband von links nach rechts, wo mein Bett auf uns wartete.
Sie bedeckten mich und Frieda mit einer durchsichtigen Folie und legten meine Decke darüber. Im Aufwachraum angekommen, schlossen sie die Folie an ein Gebläse. Diese füllte sich mit warmer Luft und durchströmte unser Bett. Mein Mann machte die ersten Bilder mit der geschmuggelten Kamera und wich nicht von unserer Seite.
Ich bin kein wahrlich kein Fürsprecher für einen Kaiserschnitt, würde eine spontane Geburt immer vorziehen und auch wenn es fast nicht geklappt hätte, die Spinal nicht sitzen wollte, war es eine so wunderbare Geburt. Sie war alternativlos und wir haben das beste daraus gemacht und werden es nie vergessen. #thankful
Jetzt bin ich wohl durch, keine weiter Schwangerschaft, keine weitere Geburt. Wenn ihr die spontane Geburt in Beckenendlage meines ersten Sohnes noch einmal lesen möchtet, findet ihr sie hier. Die spontane Geburt meines zweiten Sohnes und die Angst vor dem Versagen meiner Plazenta, findet ihr hier.
Ich wünsche euch viel Freude beim lesen.
Möchtet ihr auch euren Geburtsbericht veröffentlichen? Schreibt uns gerne eine Mail an mumlife@web.de. Wir freuen uns auf eure ganz persönliche Geschichte.
Alles Liebe,
eure Lori
Darf man fragen, warum der Kaiserschnitt unumgänglich war?
Ja klar. Ich hatte eine Plazentaprevia. Sie lag nur 2mm vom Muttermund entfernt. Eine spontane Geburt war leider nicht möglich.