Die Sache mit dem zweiten Kind – Wünsche, Ängste und warum es einfach nicht klappt…

Alle Kleidungsstücke, aus denen mein inzwischen zweijähriger Sohn Fred raus gewachsen ist, werden liebevoll in einer Box verstaut. Mit einem kleinen Lächeln im Gesicht falte ich die zu kurz gewordenen Shirts zusammen. Die zarten Hosen. Diese winzig kleinen Wollmützen. Ich lege sie beiseite. Immer verbunden mit der Hoffnung, dass sie ja bald von einem weiteren kleinen Wunder getragen werden können. Von einem zweiten Kind.

Und doch lässt dieses bereits länger auf sich warten, als anfangs geplant. Und wisst ihr, ich schäme mich dafür, dass ich überhaupt plane, sollte ich doch lieber alles auf mich zukommen lassen. Ich weiß. Aber wisst ihr, ich hatte da diesen Plan. Und umso mehr ich davon abweiche, verspüre ich eine Sehnsucht, die ich irgendwie versucht hatte zu verdrängen…

Aber zurück auf Anfang: Ich wollte immer drei Kinder haben. Ich habe selbst zwei Geschwister, mein Bruder ist 18 Monate älter, meine Schwester 4,5 Jahre jünger als ich; meine Kindheit war wild und wunderbar. Die Geburt meines ersten Sohnes habe ich trotz einiger Komplikationen als fast perfekt empfunden. Klar, die ersten Monate waren nicht ohne. Shit. Koliken, keine helfende Familie um die Ecke, ein Mann, der bereits einen Tag nach der Geburt wieder arbeiten musste. Dennoch waren wir uns sofort einig: Wir wollen mehr davon. Die Liebe, die wir durch unser Kind erfuhren, ließ uns den Atem stocken und trieb uns tagtäglich Tränen des Glückes in die Augen. Fred war erst acht Monate alt, da sprachen wir bereits über ein zweites Kind. Mit einem Glitzern in den Augen und pochendem Herzen. Wir waren bereit.

Dann wurde ich krank. Nach mehreren Tagen im Krankenhaus stellte sich eine seltene Autoimmunerkrankung heraus. Ich nahm viele Medikamente, musste abstillen, fiel trotz meines grenzenlosen Optimismus in ein Loch. Ganz ehrlich? Ich war scheiße überfordert mit der ganzen Situation. Ich fühlte mich nicht nur unendlich kraftlos. Mit meinen verbeulten Beinen konnten zeitweise nicht richtig laufen und meine kraftlosen Arme hatten Schwierigkeiten, das eigene Kind zu halten. Die Medikamente besserten den Zustand, ergaben leider neue Nachteile: Mein Kreislauf war im Arsch, ich hatte Hitzewallungen, war rastlos, hatte Hautprobleme und Wassereinlagerungen und meine Stimmung lag meistens zwischen himmelhochjauchzend-zu-Tode-betrübt in Verbindung mit latent-aggresiv-weil-fuck-ich-schaffe-das-alles-nicht. Zudem war meine Libido plötzlich unbekannt verzogen.

Ich versuchte ja, das Beste daraus zu machen, aber es fiel mir so wahnsinnig schwer. Ich wusste nicht einmal, ob ich jemals wieder ganz gesund werden würde. Man riet mir damals davon ab, in naher Zukunft schwanger zu werden. Mein Körper solle sich erst einmal wieder erholen; in ein bis zwei Jahren könnte die Erkrankung womöglich abgeheilt sein. Hm. Hatte uns der Gedanke an ein zweites Kind bislang immer verzückt, trieb er mir momentan umso stärker einen Kloß in den Hals. Ein weiteres Kind? Auch wenn ich wollte, war ich mir zu dem Zeitpunkt bereits längst darüber im Klaren, dass ich momentan vermutlich bereits mit nur einem Kind zu häufig überfordert war.

Tja. Und das konnte ebenso mein ganzes Umfeld bemerken. Ich Vollpfosten – so oft, wie ich die ersten Monate nach Freds Geburt naiv und großkotzig von meinem Plan als Großfamilie gesponnen habe, so häufig bekam ich nun von Freunden und Bekannten zu hören, dass ich mir diesbezüglich besser mal keinen Stress machen solle. Ich hätte ja immerhin schon ein Kind. Andere würden krank werden bevor sie jemals ein Kind bekämen. Recht hatten sie. Trotzdem weinte mein Herz …

Ich verabschiedete mich vorerst von dem Gedanken an ein zweites Kind.

Die Monate strichen ins Land und mein Körper erholte sich. Nach gut einem Jahr war ich frei von Medikamenten, ein paar Monate später beschwerdefrei. Die Erinnerung an die kräftezehrenden 13 Monate schwinden mehr und mehr. Wie ein schlechter Traum. Aber ich bin wieder gesund. Und so wie es aussieht, ohne bleibende Schäden.

Nun ja. Und so kam es irgendwann dazu, dass mein Männe und ich erneut das Baby-Thema ansprachen. Ganz zaghaft, hatten wir es doch die letzten Monate erfolgreich verdrängt. Man könne es ja wieder versuchen. Man wisse ja eh nicht, wann es passieren würde. Und den richtigen Zeitpunkt gäbe es noch nie? Sollten wir? Könnten wir? Müssten wir nicht endlich? Konjunktiv hier, Konjunktiv da. Lange Rede, kurzer Sinn: Wir versuchten es. Und versuchten es erneut. Und erneut. Und ich rechnete. Und plante. Und durchdachte. Und, was soll ich sagen, trotz der besten Planung klappt es einfach nicht.

Tja. Und da stehen wir nun. Das mag jetzt vielleicht blöd klingen, aber irgendwie, ja irgendwie dachte ich, das Schicksal hätte uns etwas mehr im Blick. Malte ich mir doch insgeheim aus, dass diese blöde Zeit ein ganz besonderes Geschenk hervorbringen würde. Könnte. Sollte. Jegliches Unterleibsziehen, Veränderungen meines Geruchssinn oder hormonell bedingte Stimmungsschwankungen stellten sich jeden Monat auf’s Neue als Wunschdenken heraus. Die Macht der Einbildung.

Seit nunmehr eineinhalb Jahren geht mein Wunsch nicht in Erfüllung. Und ich befürchte, dass man mir die Ernüchterung aus jedem Winkel meines Gesichtes ablesen kann. Ich weiß, ich kann nicht ewig einer verpatzten Vorstellung hinterher jagen. Manch ein Wunsch lässt sich einfach nicht planen. Und doch fühlt es sich so ernüchternd an.

Aber wisst ihr was? Trotz all meiner wirren Gedanken und Hoffnungen fange ich langsam an, die Konjunktive beiseite zu schieben und mich mehr auf mein jetziges Leben zu konzentrieren. Der einzige Plan: meine innere Ruhe irgendwie wiederzufinden. Glücklich sein. Leben. Lieben. Genießen. Arbeiten. Schauen, was kommt. Und, räusper, und natürlich hoffen, dass hier kein zukünftiger potentieller Arbeitgeber mitliest … 😉

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9 Comments

  • Hach Mimi, kein anderer Wunsch wie ein Kinderwunsch löst größere Sehnsucht aus. Ich weiß das… 3 Jahre hat es bei mir gedauert, als ich mit meiner Tochter schwanger wurde. Eine verdammt lange Zeit, wenn man wartet. Es hat es geklappt, einfach so ohne Planung ohne alles, als ich damit im Kopf so gut wie abgeschlossen hatte. Das verblüfft mich bis heute noch, daran hätt ich im Leben nicht mehr gedacht.
    Ich wünsche euch von Herzen, dass sich dieser große Wunsch schneller als gedacht erfüllt. Du bist eine wundervolle Mama die noch so viel Platz im Herzen hat.
    Finde deine innere Ruhe, das ist ganz wichtig und noch viel wichtiger habt Spaß 😉 Nichts verdirbt mehr die Stimmung, als der ständige Hintergedanke ob´s diesmal vielleicht klappt…

  • Wenn man zu sehr wünscht dran festhält und sich drauf versteift das man ein Kind will dann wird man nicht schwanger.
    Am besten locker angehen und dann klappt es, drücke euch die Daumen

  • Ich kann dir so nachfühlen. So unterschiedlich meine 3 Mädchen sind, so unterschiedlich waren auch die Kinderwunschgeschichten. Beim ersten: ohne Probleme, 3 Versuche, Treffer versenkt! Beim zweiten: 2 Jahre erfolgloses Üben, 2 Fehlgeburten, eine Eileiterschwangerschaft mit Komplikationen. Als sollte es nicht sein. Und doch kam sie irgendwann. Als es so sein sollte. Aber jedes deiner Gefühle kenne Ich! Und auch all diese Sprüche von außen.
    Nummer drei kam völlig ungeplant. War klar, oder? Vertraue darauf, dass alles irgendeinen Grund hat. Mach keine Pläne mehr – funktioniert eh nich – aber Versuch es! Es wird klappen!!

  • Oh man, da musstest du ja einiges durchmachen. Es tut mir so leid, das zu lesen… Danke für deine ehrlichen Worte. Und was für ein Glück, dass sich nach all dem Kummer bei euch schließlich alles irgendwie zum Guten gewendet hat. Werde es so machen, wie du sagst 🙂 Hilft ja alle nix <3

  • Heheeeee, ja, das glaube ich dir sofort! Komisch, dass da so vieles mit reinspielt, oder? Vor allem der Kopf… Freue mich sehr für euch, dass es – wenn auch nach so einer langen Zeit – endlich geklappt hat <3
    Ja, ich werde es nun ruhiger angehen. Erzwingen kann man es ja eh nicht. Und den Stimmungskiller Planung kann ich langsam nicht mehr ausstehen. Fühl dich gedrückt!

  • Hallo Mimi!

    Dein Artikel kommt gerade zum richtigen Zeitpunkt, denn auch mir geht es ähnlich… Es tut sehr gut zu lesen, dass es vielen Frauen so geht und man nicht alleine ist.
    Ich denke ich bin auf einem guten Weg meinen inneren Frieden zu finden und habe eine wundervolle Tochter, die mir dabei sehr hilft!
    Alles wird gut werden! Davon bin ich überzeugt 🙂

    Alles Liebe, Christina

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